die Zeit - Wissenschaft-Online: Heizende Eiswölkchen

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Heizende Eiswölkchen

"...Kondensstreifen entstehen in der oberen Troposphäre, in über acht Kilometer Höhe. Sie enthalten kaum mehr Abgase. Reiner Wasserdampf kondensiert an den Partikeln im Triebwerksstrahl zu kleinen Tröpfchen. Diese gefrieren in der kalten Luft und werden so zur sichtbaren Wolke; eine dünne Linie markiert den Pfad des Flugzeugs.

Das ist unbedenklich, wenn die Luft wärmer ist als minus 40 Grad oder die Feuchtigkeit dort oben so gering ist, dass die Wolkenstreifen sofort verdampfen. Dann zieht das Flugzeug nur eine kurze weiße Schleppe hinter sich her, die ein paar hundert Meter weiter hinten verschwindet. In kalter und feuchter Luft werden die Kondensstreifen dagegen zum Problem. Sie lösen sich nicht auf, sondern nehmen immer mehr Wasserdampf aus der Umgebung auf und wachsen - bis sie keine Streifen mehr sind, sondern dünne Eiswolken: Zirruswolken, wie der Wetterdienst die hohen dünnen Eisgebilde nennt.

Winde und Turbulenzen zerren an den Zirren und verteilen sie. Sie breiten sich aus und wandern. Natürliche Zirren sind meist Vorboten von Kaltfronten. Aber auch der Fachmann kann natürliche Zirren und Zirren aus Kondensstreifen nicht mehr unterscheiden. Sicher ist nur: Wo viele Flieger unterwegs sind, tritt häufiger Zirrusbewölkung auf.

Durch Kondensstreifen werden also künstliche Eiswolken in die obere Troposphäre eingefügt. Das ist kritisch, weil diese Wolken die Sonnenstrahlung zum Teil absorbieren - Energie, die andere Wolkenarten in den Weltraum zurückwerfen würden. Die Zirren geben die absorbierte Strahlung in Form von Wärme wieder ab: Dieser Effekt überwiegt die Abkühlung, die der Schatten der zusätzlichen Wolken bringt. In der Gesamtbilanz heizen Zirren die Atmosphäre also auf. "Kondensstreifen sind eindeutig wirksam für den Treibhauseffekt", sagt der Klimaforscher Peter Wendling vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)."